Samstag, 26. November 2016

Für ein bisschen Stoff würde ich alles tun

Schon zwei Tage später erwische ich mein erstes Tabuk. Es ist ein recht annehmbares Tier, vermutlich knappe 13 Stein schwer. Die Bilanz ist gut, wenn man bedenkt, dass die scheuen, misstrauischen Tiere nicht einfach zu fangen sind, erst recht nicht mittels meiner provisorisch aufgebauten Fallen. Dennoch muss ich mir eine andere Strategie einfallen lassen, sonst bin ich bei dem Tempo erfroren, bevor ich das dritte Tabuk gefangen habe. Für die Dauer der Jagd bekam ich ein kleines Messer mit dem ich ruckartig die Kehle des Tieres aufschlitze, um es von seinem Leiden zu befreien. Der Leib des Tieres kämpft nun nicht mehr gegen die festen Seile an, sondern sackt zuckend verblutend in den Schnee. Wie absurd friedlich diese Stille hier draußen ist, während zarte Eisflocken auf den blutroten Schnee fallen...

Das erste Tabuk tappte in meine Falle

Die nächsten Fallen positioniere ich etwas geschickter. Vermutlich lernen die Tabuk auch aus den Fehlern anderer und weichen diesem Ort nun aus. Ich versuche ihnen einen Schritt voraus zu sein und lege weitere Fallen, diesmal willkürlich, bis mir die Seile ausgehen. Während ich die meiste Zeit der nächsten Tage nun damit verbringe mit gefrorenen Händen und tauben Zehen die Landschaft zu erkunden und präzise Fallen zu stellen, frage ich mich, ob diese Arbeit im Tausch gegen ein einfaches Hemd wirklich so glücklich für mich wäre. Wärme ist eben kostbar, wo sie kaum vorhanden ist. Was würde ich dafür geben eine einzige Ahn in der Tahari verbringen zu dürfen? Ich würde einfach im Sand liegen und mir die pralle Sonne auf die Plauze scheinen lassen. Ich schwelge in Erinnerungen, während ich in das Dorf zurück stapfe, um mich wieder aufzuwärmen. Gerade mal 15 Ehn halte ich hier draußen am Stück aus. Wenn man noch bedenkt, dass jeder Schritt in dem frischen Neuschnee nur schwerlich voran geht, bin ich gezwungen in kürzester Zeit eine annehmbare Falle zu bauen. Allein meinen geübten, routinierten Handgriffen verdanke ich es, dass diese Arbeit unter diesen Konditionen überhaupt möglich ist. Die anderen zweifelten sogar daran, dass ich es schaffen könnte, aber ich gebe nicht auf. Hin und wieder verfängt sich sogar etwas darin, allerdings sind es meist kleine Tiere, die ich gnädigerweise befreie und davon laufen beziehungsweise hüpfen lassen.

Wieder nichts! Ziemlich schlau die Biester! Ich werde ungeduldig. Mir läuft die Zeit davon und eigentlich habe ich besseres zu tun, als immerzu denselben Weg zu laufen, nur um wieder nichts brauchbares in den Fallen vorzufinden. Vermutlich bin ich schon so spät dran, dass die Tabuks bereits ihren Weg in die Wälder hinter sich gelegt haben. Ich seufzte schwer, die stille um mich herum wird drückend, während das Gefühl aufkommt, dass ich Nasty nie zur Gefährtin bekomme, mittellos und verloren wie ich bin. Ich streiche mir ein paar feuchte Tropfen von der Brust und schüttle den Schnee von den Schultern. Es schneit unentwegt. Griesgrämig stapfe ich zurück ins Dorf, wieder mit leeren Händen. Komm schon, Emilio, Du bist doch die rauen Umstände in den Bergen gewohnt, da sollte das hier doch zu schaffen sein! Wieder muss ich ein paar Ahn frierend und bibbernd vor dem Feuer hocken und vergeude meine Zeit, aber ohne wärmende Kleidung komme ich hier nicht weit. Mir läuft bereits seit Tagen die Nase. Und Nasty, Nasty läuft scheinbar vor mir weg. Ich traf sie nämlich kein einziges Mal, obgleich das Dorf recht beschaulich ist. Doch gerade, als ich mit diesen Gedanken die Hall betrete, sitzt sie da. Ich bekomme kaum ein Wort hervor, bin wütend, denn schon vor wenigen Tagen erfuhr ich aus zweiter Hand, dass Nasty wohl nicht ganz so glücklich mit meinem erwählten Schicksal ist. Ich verstehe diese Frauen nicht und so verlasse ich die Hall wieder, ohne ein Wort zu sprechen.

Ich bin so wutgeladen von nur einem einzigen Augenblick, dass ich die Kälte vergesse. Selbst meine Beine scheinen keine Mühe mehr zu haben mit zielstrebigen Schritten durch den Schnee stapfen - und das, obgleich ich gerade kein Ziel vor Augen habe; nur weg von hier! Am Rand des Dorfes mache ich dann schließlich halt und schnaufe erstmal durch. Gerade wollte ich lauthals fluchen, als ich etwas braunes, großes im Schnee liegen sah. Es war tatsächlich ein Tabuk. Und bei den Göttern, es hat sogar aufgehört zu schneien!

Das zweite Tabuk liegt erfroren im Schnee

Ob dies ein Zeichen war nicht aufzugeben? Ich meine, wann verschätzt sich schon der geschärfte Instinkt eines Tieres und erfriert einfach mitten auf dem Weg? In Gor jedenfalls passiert das selten. Ich schleppe auch diesen Kadaver ins Dorf und würde wetten, dass der Brocken noch schwerer ist als der erste. Meine Wut vergeht so schnell wie sie gekommen ist. Jetzt wird mir aber wirklich sehr kalt und um Nasty nicht wieder unter die Augen treten zu müssen, schleiche ich mich gleich zu meinem Schlafplatz, wo ich mir zunächst eine ordentliche Mütze Schlaf gönne.

Ewig kann das nicht weitergehen. Der nächste Morgen zeigt sich erbarmungslos früh von der grauenhaft harten Seite; jedenfalls habe ich schlecht geschlafen und blinzle nun in das kalte Morgengrauen. Verdammter Boskmist! Wie schwer es einem doch fallen kann aus den warmen Fellen zu kriechen, nur um einige Ehn später durch die Eiseskälte zu stapfen. Zumindest hat sich mein morgendlicher Rundgang heute gelohnt. Die letzte Falle, die ich prüfe, ist von einem unvorsichtigen, hungrigen Tabuk ausgelöst worden.

Das dritte Tabuk fiel auf meine gut getarnte Falle rein

Endlich scheinen mir die Götter beizustehen! Immerhin habe ich diese Aufgabe schon gelöst und bringe die drei Kadaver zu Levis. Hoffentlich sind die wollig warmen Hemden einfacher gestrickt, vielleicht warten sie auch schon auf mich? Auf dem Weg ins Dorf wende ich mich herum, denn ich höre ein entspanntes Schnaufen. Zwei Tabuks laufen zwischen dem Bäumen herum, friedlich rupfen sie die letzten, vergeblichen Halme unter der dicken Schneedecke heraus und scheinen sich um nichts und niemanden zu sorgen. Ich muss schmunzeln und gehe weiter.

Die wollen mich wohl verarschen, diese Viecher

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